„Viele der Teilnehmenden haben schon eine Arbeitsplatzzusage, bevor sie in die Prüfung gehen.“
In Deutschland fehlen Hebammen und das hat verschiedene Ursachen – eine ist der Fachkräftemangel. Zeitgleich gibt es viele Hebammen aus Drittstaaten, deren Abschluss in Deutschland nicht ohne Auflagen anerkannt wird. Genau hier setzt der Anpassungslehrgang für Hebammen aus Drittstaaten der Evangelischen Hochschule Berlin an. Nach erfolgreichem Abschluss des 12-monatigen Lehrgangs können die Teilnehmenden bei der zuständigen Behörde ihre Berufszulassung beantragen.
Die Hebammen kommen über vielfältige Wege in den Lehrgang, berichtet uns die Lehrgangsleiterin Prof. Dr. Melita Grieshop im Interview. Die einen bewerben sich bereits aus dem Ausland, andere werden über die Arbeitsagenturen, die zuständigen Behörden oder auch über Praxispartner (z.B. Kliniken) vermittelt.
Die Bedeutung des Lehrgangs liegt nicht nur in der Qualifizierung für den Arbeitsmarkt. „Es ist auch von Vorteil, wenn die betreuenden Hebammen divers aufgestellt sind und sich die Diversität unserer Gesellschaft auch in den Teams widerspiegelt. Dann kann eine Betreuung und Versorgung erfolgen, die näher an den Erwartungen und Bedürfnissen der Klient:innen und ihrer Familien ist“, so Melita Grieshop.
Der Lehrgang wird sehr gut angenommen – das Team und die Teilnehmenden können sich über eine „sehr hohe Employability“ freuen. Viele der Teilnehmenden haben schon eine Arbeitsplatzzusage, bevor sie in die Prüfung gehen.
Die Gruppen sind sehr heterogen – was „Herausforderung und Chance zugleich“ ist. Die Teilnehmenden kommen aus unterschiedlichen Ländern und bringen sehr verschiedene Lernerfahrungen mit. Einige sind jung und haben gerade die Berufszulassung in ihrem Herkunftsland erworben. Andere sind teilweise schon seit 20 oder 30 Jahren Hebamme und bringen sehr viel praktische Erfahrung mit. „Die Jüngeren lernen von den Erfahrenen und umgekehrt, weil jede:r Stärken mitbringt. Die Jüngeren sind näher an der Theorie und die Erfahrenen bringen ihre praktische Erfahrung mit“, betont die Lehrgangsleiterin.
Man merkt schnell, wie ihr und dem Team der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen dieser Lehrgang und die Teilnehmenden am Herzen liegen. Über die Frage, welche Lebens- und Erfolgsgeschichte sie zuletzt berührt hat, muss sie nicht lange nachdenken. Erst vor kurzen habe das Team für die Teilnehmenden ein Skills-Lab-Training organisiert. Eine Absolventin des letzten Lehrgangs hat die Teilnehmenden dabei als Trainerin in einer anleitenden Funktion unterstützt. „Sie war richtig glücklich darüber, dass sie nun schon andere Lernende in einem Skills-Lab-Training anleiten kann. Es war schön zu sehen, dass sie in ihrer Kompetenzentwicklung weitergeht und sich in die Lehre einbringt“, erinnert sich Melita Grieshop. So habe sie nicht nur ihre Erfahrung eingebracht, sondern sei auch eine Inspiration für die neuen Teilnehmenden gewesen, die dann sehen konnten: „Das sind mögliche Wege, die ich gehen kann.“
Und wie sieht der Blick in die Zukunft aus? Im Moment würden sie darüber nachdenken, mit kurzem zeitlichem Versatz einen zweiten, zusätzlichen Lehrgang anzubieten, um den Bedarf decken zu können. Dafür müssten aber erst die Ressourcen geschaffen werden – insbesondere braucht es dann zusätzliches hebammenwissenschaftlich qualifiziertes Lehrpersonal.
„Ein wichtiger Zukunftsaspekt ist die Verstetigung des Lehrgangs, da die Förderung über das IQ-Netzwerk zum 30.09.2022 ausläuft. Das ist uns auch gelungen! Wir haben nun die AZAV-Zertifizierung absolviert und sind als Träger und Maßnahme anerkannt“, freut sich Melita Grieshop. So können die Teilnehmenden einen Bildungsgutschein von den Arbeitsagenturen erhalten, um an dem Lehrgang teilzunehmen.
Hier geht es zum Anpassungslehrgang der Evangelischen Hochschule Berlin: https://www.eh-berlin.de/weiterbildung/gesundheit-und-pflege/anpassungslehrgang-fuer-hebammen-aus-drittstaaten